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  • AutorenbildBerit Bogs

Es brennt


Es ist Sommer und es ist Urlaubszeit, für viele die schönste Zeit des Jahres. Und doch - wer mit wachen Augen durchs Leben geht, sieht auch die großen Veränderungen und Umbrüche, die sozial, klimatisch und gesellschaftlich vor sich gehen. Das kann schmerzhaft sein.


Bei uns im Rhein-Main-Gebiet hat es im Juli so gut wie nicht geregnet. Es staubt auf den Feldern, die Bäume werfen bereits ihr vertrocknetes Laub ab und der Rhein…nun ja…schön anzusehen ist das alles jedenfalls nicht. Aber was mich besonders betroffen macht, sind die Brände in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Für mich fühlt es sich so an, als ob meine Heimat brennt. Denn dort bin ich schon als kleines Kind in den Felsen herumgekraxelt und später mit Familie und Freunden oft gewandert. Seit dem Dürrejahr 2018 findet dort – wie auch in vielen anderen Wäldern - ein Waldsterben statt; einige Gebiete in der hinteren Sächsischen Schweiz dürfen seitdem nicht mehr betreten werden. Dürrestress, der Borkenkäfer und diverse Stürme haben frühere wildromantische Schlüchte in eine dystopische Landschaft verwandelt. Mir tut das weh.


So ist es auf einmal ganz nah. Es brennt nicht mehr irgendwo in Kalifornien, Sibirien oder Australien, sondern ich spüre es tatsächlich in meinem eigenen Körper. Mein Herz zieht sich zusammen und fühlt sich wund an. Auch wenn ich keine nassen Tränen weine, so weine ich doch im Inneren.


In unserer Kultur gibt es wenig Raum für Trauer und noch viel weniger Raum für ökologische Trauer. Bilder der brennenden Wälder sind zwar in den Medien zu sehen, aber wir wenden uns rasch wieder ab und widmen uns anderen Themen.


Ich bin meiner Achtsamkeits- und Meditationspraxis sehr dankbar, dass ich inzwischen gelernt habe, meinen inneren Schmerz nicht als ‚falsch‘ zu beurteilen und vorschnell abzutun, sondern ihn als Ausdruck einer Wahrheit zu würdigen und ihm Raum zu geben.


Ich mag mich erinnern: an die Kühle während meiner Bootsfahrten durch die Edmundsklamm bei Hrensko an heißen Sommertagen, das Gefühl von Weite und Freiheit in meinem Herzen, als ich auf den Felsen vorm Prebischtor in die Ferne schaute, an meine Lebendigkeit beim Erkunden der wilden Schlüchte im Zschand - und wie glücklich ich dort war. Ich denke an die bizarre Schönheit der Felslandschaft, die vielen Pflanzen und Tiere, die dort ihre Heimat haben. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass es dieses schöne Fleckchen Erde gab und gibt.


Auch wenn es nur ein kleines Fleckchen ist, spiegelt es doch den unwiederbringlichen Verlust vieler anderer Naturwunder und Lebensräume auf der ganzen Welt wider: die schmelzenden Alpengletscher, die gerodeten Regenwälder am Amazonas, die brennenden Mammutbäume im Yosemite.


Und so stelle ich mir am Ende meiner Reflektion einmal vor, wie es wäre, wenn überall auf der Erde die Menschen innehalten, um hinzuschauen, was da mit unserer schönen Erde passiert, die Wahrheit und ihr eigenes Fleckchen Erde ins Herz nehmen - und einfach mal weinen.


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